Marketing sammelt Leads, Sales macht den Abschluss – so lautet die Theorie. In der Praxis klafft jedoch oft eine Lücke, in der wertvolle Kontakte verloren gehen. Meike Wizani hat in ihrer Session bei den Online Expert Days 2025 mit dem Titel „Leadmanagement: Die Br/(L)ücke zwischen Marketing & Sales“ ehrlich über diese Herausforderungen in großen B2B-Unternehmen gesprochen.
Sie zeigte eindrücklich, warum veraltete Rollenbilder, fehlende Abstimmung und inkompatible Erwartungen die Zusammenarbeit blockieren – und wie man diese Lücke mit einem funktionierenden Leadmanagementprozess nicht nur schließt, sondern beide Abteilungen in einem gemeinsamen Ziel vereint.
Dabei ist richtiges Leadmanagement unabdingbar und bietet viele Chancen – denn viel zu oft wird einem potenziellen Kunden die Aufforderung zum „Jetzt kaufen“ oder das konkrete Angebot viel zu früh vorgelegt. Meike zog dazu einen passend Vergleich:
„Ein Lead ist kein Heiratsantrag – sondern die Chance auf eine Beziehung, und Leadmanagement ist das Kennenlernen und Flirten des B2B. “
Leadmanagement ist also der strukturierte Prozess der Identifizierung, Qualifizierung, Entwicklung (Nurturing) und Verwaltung potenzieller Käufer. Das Ziel ist, einen unqualifizierten Kontakt so weit zu begleiten, dass er für den Vertrieb abschlussreif wird.
Ein CRM-System (Customer Relationship Management) ist dabei das zentrale Tool zur Speicherung von Kundendaten und zur Dokumentation der Customer Journey. Doch wie Meike betonte, ist es nur ein Werkzeug – erfolgreiches Leadmanagement ist demnach kein einmaliges IT-Projekt, sondern eine crossfunktionale Kulturfrage. Es sind die Menschen, die Prozesse und die gemeinsame Definition, die den Unterschied machen. Das gesamte Team – Marketing, Sales und oft auch IT – muss hinter dem Prozess stehen.
Die Realität: Warum Marketing und Sales so oft scheitern
Die größte Herausforderung liegt im Silodenken und in unterschiedlichen Erwartungen. Marketing beschwert sich über schlechte Abschlussquoten des Vertriebs; der Vertrieb über mangelnde Qualität der Leads aus dem Marketing. Die Gründe für diese Lücken sind oft:
- Fehlende Definitionen: Es gibt keine klaren, gemeinsam erarbeiteten Kriterien, wann ein Lead reif für den Vertrieb ist.
- Datenmüll: Überladene, unsaubere CRM-Systeme, in denen wertvolle Leads zwischen “Max Mustermanns” und unqualifizierten Kontakten untergehen.
- Veraltete Rollenbilder: Marketing wird als reiner “Dienstleister” für Broschüren und Messe-Leads gesehen, nicht als strategischer Partner.
Dabei ist Marketing eigentlich der Wingman des Vertriebs. Der erste und wichtigste Schritt zur Überwindung ist daher, dass ein Strategie-Shift im Denken stattfindet und Marketing neu positioniert wird. Das bedeutet Marketing liefert nicht einfach Kontakte, sondern qualifizierte Chancen, die optimal auf die Bedarfe des Vertriebs abgestimmt sind.
Konkrete Maßnahmen: Von der Bereinigung zur Übergabe
Doch wie kann diese Brücke zwischen Marketing und Sales nun erfolgreich gebaut werden? Zuallererst ist es unglaublich wichtig, den IST-Stand zu erfassen. Auch, wenn es quasi kein wirkliches Leadmanagement im Unternehmen gibt, sollte vorab geklärt werden, wie die Abteilungen derzeit arbeiten, und wie mit den Leads zum Status Quo umgegangen wird.
Die Strategiefindung eines passenden Leadmanagements ist meist ein komplexer Prozess, bei dem alle Marketing- und Salesabteilungen von Anfang an mitgedacht und eingebunden werden müssen, damit es nachhaltig erfolgreich umgesetzt werden kann.
Wurde das analysiert, geht es darum, eine saubere Basis zu schaffen – durch das Aufräumen der eigenen Datenbank und der Definition konkreter Kundenprofile. Folgende Schritte sind dafür notwendig:
Mut zum Löschen: Das CRM muss aufgeräumt werden. „Lieber um Verzeihung bitten als um Erlaubnis fragen“ – nur ein sauberes CRM entfaltet seine volle Wirkung. Undefinierte oder veraltete Leads müssen konsequent gelöscht oder archiviert werden. Natürlich schadet es an der Stelle nicht, die alte Datenbank als Backup zu sichern – nur zur Sicherheit, auch wenn diese Sicherung höchstwahrscheinlich nie wieder geöffnet wird.
ICPs entwickeln: Es müssen Ideal Customer Profiles (ICPs) entwickelt werden. Im B2B beschreibt der ICP das Unternehmen (Branche, Größe, Umsatz), das als perfekter Kunde in Frage kommt. Die darauf aufbauende Persona beschreibt die konkrete Person innerhalb dieses Unternehmens. Diese Profile bilden die Grundlage für die Leadqualifizierung.Definitionen festlegen: Die klare Unterscheidung zwischen MQL (Marketing Qualified Lead) und SQL (Sales Qualified Lead) muss abteilungsübergreifend definiert werden. Erst wenn ein Lead die Schwelle vom MQL zum SQL überschritten hat, wird er an den Vertrieb übergeben.
Nurturing, Scoring und der Einsatz eines SDRs
Nach der Generierung und ersten Qualifizierung beginnt die Entwicklung des Leads. Dazu ist es notwendig, den richtigen Zeitpunkt für den “Heiratsantrag”, um auf den anfänglichen Vergleich zurückzukommen, also den richtigen Zeitpunkt für ein konkretes Kaufangebot, zu identifizieren. Das Entwickeln und Begleiten des Leads mit gezielten, relevanten Inhalten und Interaktionen über einen längeren Zeitraum, bis sie kaufbereit sind, wird als Lead Nurturing bezeichnet.
Und das kann dauern – bis eine Kaufentscheidung getroffen wird, sind im B2B oft bis zu 18 Touchpoints nötig. Das Lead Scoring (Bewertung nach Engagement und Profil-Passung) hilft dann zu erkennen, wann der Lead kaufbereit ist. Beim Lead Nurturing und dem finalen Angebot braucht es dann neben automatisierten Nurturing-Strecken auch authentische Berührungspunkte. Oder wie Meike es ausdrückte:
„Wir wollen automatisiert erreichen und persönlich begeistern. “
Automatisierung ist nur dort sinnvoll, wo sie Wirkung entfaltet. Gerade im B2B-Bereich wollen z. B. Techniker keine Flut an automatisierten Marketing-E-Mails, sondern reagieren viel mehr auf eine persönliche und individuelle Ansprache.
Um den richtigen Zeitpunkt für den Heiratsantrag aka Kaufangebot zu finden, kann die Benennung eines Sales Development Representative (SDR) eine hilfreiche Maßnahme sein, indem er eine wichtige Schnittstelle zwischen Marketing und Sales einnimmt.
- Aufgabe: Der SDR bewertet Leads mit der Sales-Brille, versucht den ersten persönlichen Kontakt aufzunehmen, klärt letzte Fragen und checkt, ob der Match wirklich ein Match ist (z. B. Budget, Autorität).
- Übergabe: Nur der vom SDR geprüfte und als SQL qualifizierte Lead wird an den Account Executive (Vertrieb) übergeben.
Dabei muss dafür keine eigene Stellenausschreibung stattfinden – Meike erzählte aus eigener Erfahung, dass diese Rolle beispielsweise sehr gut mittels Job Rotation mit wechselnden Personen aus dem Vertriebsteam besetzt werden kann.
Messbarkeit: Vom Reden ins Tun und zurück
Um Prozesse kontinuierlich zu optimieren, ist die Messbarkeit essenziell. Die Erfolgsmessung orientiert sich am Sales Cycle (Fremde → Leads → Qualifizierte Leads → Opportunities → Kunden) und bricht das Silodenken durch die Fokussierung auf gemeinsame KPIs auf:
- Lead Qualification Rate: Wie viele Leads werden vom Marketing/SDR als qualifiziert eingestuft?
- Opportunity Conversion Rate: Wie viele qualifizierte Leads werden zu echten Verkaufschancen (Opportunities)?
- Lead to Customer Rate: Wie viele generierte Leads werden letztlich zu zahlenden Kunden?
- Cost per Lead: Wie viel kostet ein einzelner Leads und wie effizient sind die Marketing-Kanäle?
- Lead Sources: Welche Kanäle liefern die besten Leads?
Meike betonte, dass der B2B-Prozess selten linear ist. Oft steht man mit mehreren Vertretern eines einzelnen Unternehmens in Kontakt, wodurch der Sales Cycle oft nicht ganz einfach nachzuvollziehen ist – das CRM und die Dashboards müssen diese Komplexität abbilden, um Schwachstellen schnell zu identifizieren.
Im Kleinen testen, um die Komplexität später groß zu meistern, und Ausprobieren, um herauszufinden, was wirklich funktioniert, sind hier angesagt.
Fazit: Leadmanagement als Kultur des Alignments
Leadmanagement ist kein Tool, das man kauft, sondern ein Prozess, den man lebt. Es ist der zentrale Mechanismus, um die Lücke zwischen Marketing und Sales zu schließen und so die Effizienz und den Umsatz im B2B nachhaltig zu steigern.
Es erfordert Überzeugungsarbeit, Mut zum Aufräumen und vor allem ein crossfunktionales Team, das an einem Strang zieht.
Meine wichtigsten Erkenntnisse im Überblick:
Key Takeaway #1 – verstehe den IST-Prozess – wie arbeiten die Abteilungen, was passiert derzeit mit den Leads?
Key Takewaway #2 – Marketing ist mehr als ein Dienstleister – es ist der Wingman des Vertriebs.
Key Takeaway #3 – Mut zum Löschen – nur ein sauberes CRM entfaltet Wirkung.
Key Takeaway #4 – im Kleinen testen was man groß machen möchte.
Key Takeaway # 5 – automatisiert erreichen, persönlich begeistern – Nurturing braucht beides.
Key Takewaway #6: Jede Brücke braucht ein Team – Leadmanagement braucht Verantwortung.
Das Leadmanagement ist somit der zentrale Beweis dafür, dass im modernen B2B-Marketing der Schlüssel zum Erfolg nicht in der bloßen Quantität von Leads liegt, sondern in der Qualität der Zusammenarbeit und der Prozessklarheit.
Meikes Session hat eindrücklich gezeigt, dass die Überwindung des Silodenkens durch gemeinsame Definitionen, ein sauberes CRM und dedizierte Rollen unverzichtbar ist.
Genau diese abteilungsübergreifende Sichtweise ist die Grundlage unserer Arbeit bei KLIXPERT.io – wir verstehen, dass nachhaltiger Umsatz nur entstehen kann, wenn wir die Brücke zwischen Marketing und Sales nicht nur bauen, sondern sie als integralen Bestandteil der gesamten Inbound-Strategie unserer Kunden fest verankern.
Denn nur ein qualifizierter Lead ist ein wertvoller Lead.
Über die Speakerin Meike Wizani
Meike ist Spezialistin für B2B Leadmanagement mit fundierter Vertriebserfahrung. Nach mehreren Jahren im B2B-Sales der voestalpine Steel Division wechselte sie 2022 ins Digital Marketing und verantwortet heute die strategische und operative Weiterentwicklung des Leadmanagements – an der Schnittstelle zwischen Marketing, Vertrieb und IT. Ihr Fokus liegt auf der intelligenten Nutzung von Systemen und Daten, um Prozesse effizienter zu gestalten und Silos aufzubrechen. Mit ihrem Background in beiden Disziplinen versteht sie Leadmanagement nicht als Tool, sondern als Brücke zwischen Menschen, Abteilungen und Zielen.
Mehr Infos zu Meike findest du hier.















