Im Growth Marketing jagst du nach maximalem Impact, schnellen Erkenntnissen und nachhaltigem Wachstum. Doch je größer der Druck, desto verlockender scheint der Wunsch nach Gewissheit: Klare Fakten, „bewiesene“ Strategien, sichere Gewinner – der Traum jeder KPI-getriebenen Organisation.
Die wissenschaftliche Realität und jahrzehntelange Erfahrung im Growth Marketing zeigen allerdings: Absolut sichere Antworten gibt es nicht – und das ist ein Segen!
Experimente sind essenziell, um in einem volatilen Umfeld valide Entscheidungen zu treffen. In diesem Beitrag tauchen wir tief in den Unterschied zwischen Experiment und Gewissheit ein, nehmen die goldenen Regeln des Experimentierens unter die Lupe und zeigen, warum Experimente für Unternehmen wie KLIXPERT.io zur Marken-DNA gehören – gestern, heute, morgen.
1. Das Wesen des Experiments: Unsicherheit & Wahrscheinlichkeit
Ein Experiment ist keine Garantie für den „richtigen Weg“ – sondern ein Werkzeug, um Hypothesen zu überprüfen und Unsicherheiten messbar zu machen. In der Growth-Praxis bedeutet das: Du testest zum Beispiel eine neue Anzeigen-Variation und erhältst ein Ergebnis mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit. Diese Wahrscheinlichkeit ist kalkulierbar – absolute Gewissheit bleibt jedoch unerreichbar.
Warum das wichtig ist: Nur wer Unsicherheiten akzeptiert, kann mit Tests echten Mehrwert schaffen und Innovation fördern. Growth Marketing lebt von mutigen Experimenten, nicht von reinen “Best Practices”.
2. Confidence Level als Maß für Unsicherheit
Der sogenannte Confidence Level (Vertrauensniveau) ist ein zentrales Werkzeug: Er gibt an, wie sicher du dir bei der Interpretation von Testergebnissen sein kannst. Beispiel: Ein „95% Confidence Level“ bedeutet, dass von 100 vergleichbaren Experimenten 95 den wahren Effekt abbilden.
Growth Insight: Ohne klares Verständnis für Confidence Level werden A/B-Tests schnell zur Glückssache. Setze stattdessen auf fundierte Statistik, um Wahrscheinlichkeiten sauber zu interpretieren. Statistisch signifikant heißt eben nicht „garantiert richtig“, sondern sehr wahrscheinlich kein Zufall.
3. Abwesenheit absoluter Gewissheit in den Wissenschaften
Egal ob du einen neuen Funnel, kreative Ad-Copy oder Pricing testest: Wissenschaft und Marketing haben gemein, dass absolute Sicherheit praktisch nie erreichbar ist. Jede Erfolgsformel bleibt unter Vorbehalt – denn Markt und Nutzerverhalten sind dynamisch.
Takeaway: Akzeptiere, dass deine Wachstumsstrategie niemals absolut „fertig“ oder „perfekt gesichert“ ist. Permanente Optimierung durch neue Experimente bleibt Pflicht.
4. Erkenntnistheoretische Grenzen: Subjektivität & Bewusstsein
Selbst die beste Growth-Hypothese ist beeinflusst von deiner Wahrnehmung, Vorwissen und den kognitiven Grenzen deines Teams. Vollständige Objektivität? Eine Illusion, die reflektiert und methodisch berücksichtigt werden muss.
Growth Insight: Nutze dokumentierte Pre-Mortems, objektive Test-Setups und Peer-Reviews, um subjektive Verzerrungen zu minimieren.
5. Experimentelle Sicherheiten sind graduell und kontextabhängig
Ob dein Experiment „sicher“ ist, hängt von seinem Design, Stichprobengröße und den Rahmenbedingungen ab. Statistik liefert Wahrscheinlichkeiten – keine unwiderlegbaren Wahrheiten.
Growth Praxis: Investiere in solide Hypothesen, genügend Traffic (Sample Size!) und rigorose Auswertung. Unsicherheiten lassen sich reduzieren, aber nie ganz eliminieren.
6. Theorie vs. Gewissheit: Das fortlaufende Wechselspiel
Eine noch so brillante Marketing-Theorie liefert keine abschließende Sicherheit. Erst durch wiederholtes Experimentieren und empirische Bestätigung nähert sie sich der Wahrheit an.
Growth Mindset: Erkenne, dass „das hat funktioniert“ immer nur vorläufig gilt. Hinterfrage, verifiziere und adaptiere kontinuierlich.
7. Die Rolle der Mathematik & Logik als Ausnahme
Nur in der puren Mathematik oder Logik existiert eindeutige Sicherheit – in der Growth-Welt sind diese Bedingungen kaum gegeben. Kunden, Konkurrenz und Kontexte sind zu volatil.
Anwendung: Akzeptiere, dass Marketing-Testresultate immer Wahrscheinlichkeiten sind. Klar definierte Messgrößen, aber keine mathematisch „beweisbaren“ Wahrheiten.
8. Wissenschaftliche Praxis: ‘Nahezu-Gewissheit’ als Working Definition
In der täglichen Growth-Arbeit entstehen aus echten Mustern, Reproduzierbarkeit und Sorgfalt starke Indizien („nahezu Gewissheit“). Restzweifel bleiben – und treiben die nächste Test-Idee an.
Praxis-Tipp: Implementiere Retrospektiven und Review-Zyklen, um Learnings kontinuierlich abzusichern und zu challengen.
9. Entscheidungsfindung und subjektive Sicherheit
Jüngste Studien zeigen, dass deine gefühlte Sicherheit oft aus Entscheidungsdauer und Überzeugung resultiert – und nicht zwingend objektiv gerechtfertigt ist. Im Growth Marketing führt das schnell zu „False Positives“.
Konsequenz: Teste Hypothesen auch dann weiter, wenn du „eigentlich überzeugt“ bist – der Markt entscheidet.
10. Experimentieren als Werkzeug gegen Unsicherheit
Gerade in volatilen Zeiten brauchst du systematische Experimente, um datenbasierte Entscheidungen zu treffen. Sie liefern die nötigen „Begründungsgrundlagen“ für Risk Taking und Innovation.
Key Insight: Experimentieren schafft den entscheidenden Erwartungswert im heutigen Marketing. Wer sich nur auf Erfahrungswerte verlässt, wird überholt.
Die goldene Regel des Experimentierens
Eines der größten Risiken bei Experimenten: Zu viele Variablen werden gleichzeitig geändert – und du weißt am Ende nicht, worauf dein Ergebnis wirklich zurückgeht. Deshalb gilt die goldene Regel: Just remember the golden rule of experimenting: Only change one variable at a time. Nur so kannst du Ursache und Wirkung sauber ableiten und aus Unsicherheit systematisch größere Sicherheit machen.
Fazit: Warum Experimente im Growth Marketing bleiben, was sie sind
Erfolg im Marketing entsteht nicht durch Starrheit und blinden Aktionismus, sondern durch gezielte, datenbasierte Experimente und die Bereitschaft, Unsicherheiten anzunehmen. AI, Automatisierung und Big Data werden immer wichtiger – aber sie ersetzen niemals die Notwendigkeit, Hypothesen intelligent zu testen, Wahrscheinlichkeiten kritisch zu reflektieren und mutig Learnings abzuleiten.
Mir ist es wichtig, die eigene Experimentierfreude hochzuhalten. Die Bereitschaft, Standards zu challengen und Unsicherheiten nicht als Mangel, sondern als Innovationsmotor zu begreifen, ist Kern unserer DNA. Das wird auch in Zukunft so bleiben: Growth ist die Kunst, permanent zu hinterfragen, besser zu testen und cleverer zu lernen.
Florian Narr
Quellen & Vertiefung:
Gemeinsam mechanisch, aber niemals dogmatisch: Experimentiere mutig, analysiere kritisch und bleib dir deiner Unsicherheiten bewusst – denn hierin liegt der echte Growth-Vorsprung!